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Woche 26 (23.06.-29.06.2025)

Trockenstress in den Voralpen

In der jetzigen Phase ist ein haushälterischer Umgang mit den Grasreserven wichtig. Wo es in den letzten 3 Wochen nicht geregnet hat, hat das Graswachstum deutlich abgenommen und die Wiesenpflanzen zeigen zunehmend Stressanzeichen. Die nationale Trockenheitsplattform des Bundes zeigt eine grobe Übersicht über die Situation.

Graswachstumsbericht Kalenderwoche 26

Wie so oft in dieser Jahreszeit, tut sich beim Graswachstum die Schere zwischen Gunstlagen und trockenen Standorten auf. Generell ist ein Rückgang des Graswachstums zu beobachten, weil die Tagestemperaturen seit Tagen über dem Optimalbereich von 15 bis 25° C liegt. Wo es in den letzten Wochen ergiebige Gewitter-Ereignisse gab, ist die Wasserversorgung im Grasland derzeit noch gewährleistet. Standortfaktoren wie Exposition und Wasserspeichervermögen der Böden und bewirtschaftungsbedingte Einflüsse dominieren dort derzeit das Wachstumsgeschehen.

Trockenheit: aktuelle Situation

Gerade in den nördlichen Voralpen sind die Bedingungen derzeit aber zu trocken für das Graswachstum. Greyerzland, Berner Oberland, Emmental, Zentralschweiz und der Alpstein - dieses Band quer über die Schweiz hat in den letzten 3 Wochen kaum Niederschlag erhalten. Gleichzeitig sorgen hohe Temperaturen um 30°C und teilweise die Bise für eine starke Verdunstung.

Trockenheitsprognose_2025-06-24
Quelle: https://www.trockenheit.admin.ch/de, aufgerufen am 25. Juni 2025

Entsprechend zeigt der kombinierte Trockenheitsindex (combined drought index, CDI) auf der nationalen Trockenheitsplattform (www.trockenheit.admin.ch) für diese Gebiete die Trockenheitsstufen 4 (sehr trocken) bis 5 (extrem trocken). Der CDI fasst Aspekte wie Niederschlag, modellierte Bodenfeuchte und hydrologische Grössen zusammen. Ein hoher CDI-Wert deutet auf ein für diese Saison ungewöhnlich hohes Wasserdefizit hin.
Für den Sektor Landwirtschaft dürften jedoch die Angaben zu Bodenfeuchte und Niederschlag fast wichtiger sein. Für den einzelnen Betrieb fliessen für die Lagebeurteilung eigene Beobachtungen ein: gestresste Pflanzen reduzieren ihr Wachstum, rollen die Blätter ein oder sterben im Extremfall bei zu viel Stress ganz ab.

Gerber_2025-06-25_Trockene-Wiese
Jura bernois, letzter Regen 15mm am 15. Juni. Jetzt wird es sehr schnell trocken. (Bild: O. Gerber)

Gestresste Wiesen schonen

Sobald Naturwiesen von Hitze und Trockenheit geplagt werden, ist eine umsichtige Bewirtschaftung angezeigt. Übernutzung kann in dieser Situation besonders negative Folgen nach sich ziehen:

  • Boden ohne schattenspendende Vegetationsdecke heizt sich stärker auf (50 bis 60°C an der Oberfläche).
  • Der heisse Boden begünstigt die Keimung und die Etablierung von unerwünschten Hirsearten.
  • Gute Futtergräser nehmen Schaden, die Grasnarbe wird lückiger.
  • Lückenfüller wie Hirtentäschelkraut, Gemeines Rispengras oder Löwenzahn nehmen zu.
  • Feldmaikäfer legen ihre Eier bevorzugt an lückigen und gräserarmen Stellen ab.
  • Engerlinge und andere negative Einflüsse verschlechtern den Wiesenzustand weiter.

Diese Abwärtsspirale kann mit einigen Gegenmassnahmen durchbrochen werden:

  • Schnittnutzung vor dem Trockenstress, oder kurz vor dessen Ende, damit der gute Nachwuchs nach dem Schneiden sichergestellt ist.
  • Kein vorzeitige Nutzung : Weidegang ab dem 3-Blatt-Stadium der Leitgräser oder ab ca. 15cm Wuchshöhe, Schnitt ab Stadium 2 bzw. je nach Lage ab 4 bis 6 Wochen. (eAGFF - Entwicklungsstadien der Gräser, AGFF Merkblatt 3
  • Wenn eine Schnittnutzung angezeigt ist, auf eine hohe Schnitthöhe (>8cm) achten.
  • Grasnarbe nicht mit schweren Überfahrten oder Güllegaben bei heissen Bedingungen schädigen.

Nicht jeder Wiesentyp reagiert gleich empfindlich auf Störungen: Wiesenfuchsschwanz-Wiesen und Englisch-Raigras-Wiesenrispengras-Mähweiden gelten als besonders robust. Knaulgraswiesen und Italienisch-Raigras-Wiesen mit den horstbildenden Gräsern können hingegen rasch degradieren, wenn Nutzung und Düngung nicht den jeweiligen Standortbedingungen angepasst erfolgen.

Intensität reduzieren

Nachdem anfangs Mai der erste Schnitt vielerorts bereits konserviert war, konnte verbreitet eine weitere Nutzung vor der anhaltenden Hitzephase vorgenommen werden. Während einer Trockenphase sollte nicht am gewohnten Nutzungsintervall festgehalten werden. Von Trockenheit betroffene Vollweidebetriebe tun gut, die Weidefläche jetzt zu vergrössern und die Rotationsdauer zu verlängern, so dass die angestrebte Eintriebshöhe eingehalten werden kann. Notfalls soll im Stall zugefüttert werden. Sobald das Wasserdefizit in den Böden wieder aufgefüllt wird und die Temperaturen nicht zu heiss sind, ist eine rasche Erholung des Graswachstums zu erwarten - weitere Konservierungsschnitte sollten dann möglich werden.

Autoren:
Martin Zbinden, INFORAMA