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Woche 36 (01.09.-08.09.2025)

Wie Wasser zu Milch wird

Mildes, feuchtes Herbstwetter befeuert derzeit in vielen Regionen das Graswachstum. Zuwachsraten von 80 kg TS/ha/Tag und mehr werden im Graswachstum-Messnetz der AGFF registriert. Wie wichtig eine ausreichende Wasserversorgung für Wiesen ist, wird in Gampelen BE deutlich.

Graswachstumsbericht Kalenderwoche 36

Die neusten Messwerte zeigen, dass das Graswachstum derzeit anzieht. Flawil zeigt generell sehr hohe Wachstumsraten und ist derzeit Spitzenreiter (96 kg TS/ha/Tag), aber auch Gampelen im Seeland (87) und Les Reusilles (55) im Berner Jura zeigen derzeit hohe tägliche Graszuwüchse. Ein Blick in die Wiesen bestätigt den Trend vielerorts. Posieux und Sorens fallen in der Statistik deutlich zurück, was aber auf die Messmethode und den so erhobenen 4-Wochen-Durchschnitt zurückgeführt werden kann. Solange die Temperaturen nachts nicht deutlich unter 10 Grad Celsius fallen, ist in den nächsten Wochen mit einem soliden Graswachstum zu rechnen.

Vergleich Graswachstum an verschiedenen Standorten

Welche Zwischenbilanz ist im Futterbaujahr 2025 zu ziehen? Wenn die Graswachstumskurven von verschiedenen Standorten des Grasmessnetzwerks verglichen werden, zeigen sich sofort deutliche Unterschiede. Teilweise ist eine deutliche Sommerdepression erkennbar, im westlichen Teil der Schweiz lagen die Zuwachsraten teilweise sogar mehrere Monate unterhalb von 50kg TS/ha. Gampelen sticht besonders hervor, weil dort wie in früheren Jahren fast durchgehend ein Graswachstum von 60kg TS/ha oder mehr registriert wurde. Das gleichbleibende Graswachstum ist ein Indiz dafür, dass alle Wachstumsfaktoren ausreichend verfügbar waren – zwei kurzfristige Wachstumsrückgänge sind auf besonders heisse Tagestemperaturen zurückzuführen.

Graswachstumskurven-mit-Ertrag_2025_bis-KW36
Graswachstum an Standorten mit vollständigen Datensätzen bis 2. September 2025. Gezeigt werden die Einzelmessungen (Punkte), eine Trendlinie und der kumulierte Flächenertrag (schraffierte Fläche).

Interessieren dürfte auch der Gesamtertrag. Wird das gemessene Graswachstum während der laufenden Messperiode tageweise aufaddiert, ergibt sich der Flächenertrag pro Hektar. Oder anders ausgedrückt: Die schraffierte Fläche unter der Graswachstumskurve entspricht dem kumulierten Ertrag von Anfang Jahr bis zum aktuellen Datenstand (Anfang September). Dieser reicht von 57 dt TS/ha in Carrouge, bis 122 dt TS/ha in Flawil.

Der Sommer 2025 war rückblickend an den meisten Standorten nicht besonders trocken. Hitze und Wasserknappheit waren weniger ausgeprägt als in früheren Sommern.

Achtung: die absoluten Messwerte müssen vorsichtig interpretiert werden. Die Messmethode ist nicht überall ganz dieselbe. Zudem hat die durchschnittliche Grashöhe auf den gemessenen Parzellen einen grossen Einfluss auf das Ertragspotenzial: viel Blattmass heisst meist meistens mehr Wachstum. Eingeschobene Schnittnutzungen könnten beispielsweise am Standort Flawil für zwei tiefe Messwerte im Mai und Juli verantwortlich sein.

Wasser, der wichtigste Nährstoff für Wiesen

Grasland gehört zu den am meisten wasserbedürftigen Kulturen. Für die Bildung von einem Kilogramm Trockensubstanz werden rund 650 bis 850 Liter Wasser benötigt, welche hauptsächlich der Transpiration der Pflanzen dienen und damit die Nährstoffaufnahme und -transport erst ermöglichen. Pro Tag kann eine intensiv geführte Wiese bis zu 7mm Wasser verdunsten, was 7L pro Quadratmeter entspricht.
Das Grasland Schweiz zeichnet sich meist durch eine genügende Wasserverfügbarkeit aus. In trockenen Bergtälern wird aber traditionell schon seit Generationen bewässert – dort fliesst das Wasser ja mit der Schwerkraft quasi gratis zum Verwendungsort. Gemäss einer Schätzung von Agroscope werden derzeit rund 2 bis 3% der Wiesen in der Schweiz bewässert. An den meisten Standorten sind entsprechende Infrastrukturen und Wasserverkommen derzeit aber nicht vorhanden.

Milchwirtschaft auf Sandböden dank Bewässerung

Wie gut künstliche Bewässerung im Futterbau wirken kann, zeigt das Graswachstum in Gampelen im Berner Seeland. Der vollweidebasierte Milchwirtschaftsbetrieb im Grossen Moos bewirtschaftet fast reine Sandböden: 95% Sand, wenig Ton und Schluff, 3 bis 6% Humus je nach Parzelle. Die sehr leichten Böden speichern nur wenig Wasser und leiten Niederschlagswasser rasch in die Kanäle ab. Das Graswachstum würde schon nach 2 bis 3 Wochen ohne Niederschlag zusammenbrechen. Dank des vorhandenen Bewässerungssystems kann Wasser aus dem Kanal den Wiesen später wieder zugeführt werden. Wenn es nicht regnet, werden die Hauptweideflächen im Wochenrhythmus mit 30 mm beregnet. Die sorgfältig bewirtschafteten Weideflächen danken es mit einem gleichbleibend guten Graszuwachs um 60 kg TS/ha/Tag während der ganzen Vegetationszeit.

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Technische Einrichtungen und Kosten

Wie viele Betriebe im Grossen Moos verwendet der Betrieb für die Beregnung einen Beregnungsautomaten mit einem selbsteinziehenden Schlauchhaspel. Eine stationäre, elektrische angetriebene Pumpe saugt Wasser aus dem nahegelegenen Kanal an und verteilt es durch 125-mm-Rohre zu allen Parzellen. Das Wasser wird durch eine eher grobe 28-mm-Düse gedrückt, was bei 4 bar Gegendruck eine Reichweite von rund 50 m ergibt.
Der Betriebsleiter erklärt den Ablauf einer Beregnung so: Der Rollomat wird zu einem Bodenleitungs-Anschlusspunkt auf der Weide gefahren und der Regner mit dem Traktor bis zu 300m weit ausgezogen. Die Arbeitsbreite beträgt mit der oben genannten Düse 100 m, also können mit einem Auszug bis zu 3 ha Wiesen bewässert werden. Die Pumpe wird per Fernbedienung gestartet, die korrekte Funktionsweise des Regners überprüft, dann läuft die Beregnung vollautomatisch. Pro Hektar braucht es 300 m³ Wasser, was bei der derzeitigen Pumpleistung von 55m³/h einer Dauer von 5.5h pro Hektar entspricht. Der Arbeitsaufwand für einen Auszug beläuft sich auf rund 1 Stunde.

Haspel
Automatischer Schlauchhaspel, der angetrieben durch den Wasserfluss den Schlauch langsam aufrollt und den Regnerwagen über die Wiese zieht.
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Je nach Düse und Druck kann das Wasser auf einer Breite von 100 m und mehr verteilt werden.

Der grösste Kostenpunkt bei der Bewässerung sind die Energiekosten. Die aktuell verwendete Kolbenpumpe schöpft 55m³/h bei einem Verbrauch von 18kW, was bei einem Strompreis von 27 Rp./kWh Kosten von ca. 9 Rp./m³ oder 30 Franken pro ha verursacht. Wenn vorhanden, kann tagsüber mit selbst produziertem Solarstrom bewässert werden - bei 5.5h pro Hektar muss die Pumpe aber oft auch nachts laufen. Die gängigen verwendeten Dieselpumpen sind war leistungsstärker und flexibler einsetzbar, der Treibstoff kostet aber rund das Doppelte für die gleiche Wassermenge. Bei entsprechend starker Stromzuleitung können auch leistungsstärkere elektrische Pumpen eingesetzt werden.

Pumpe Schöpfleistung m3/h (bei 12 bar) Verbrauch pro Stunde CHF pro m3 CHF pro ha
Kolbenpumpe elektrisch 55 18kWh (0.27 CHF/kWh) 0.09 27
Zentrifugalpumpe Diesel 70 10L Diesel (CHF 1.70) 0.24 73

Quelle: Joss Pitt, eigene Berechnungen

Verbesserungen sind immer möglich

Die Beregnung hat zur Folge, dass in ca. 10 Minuten unglaubliche 30mm Niederschlag auf den Boden niederprassen – mehr kann der Boden in so kurzer Zeit nicht aufnehmen. Eine langsamere und häufiger erfolgende Wasserverteilung könnte die Effizienz der Bewässerung verbessern. Eine HAFL-Studienarbeit über das alternative K-Line-System mit mehreren verketteten Sprinklern kommt jedoch zum Schluss, dass deren Einsatz im intensiven Koppelweidesystem sich schwierig gestaltet und den Arbeitsaufwand in die Höhe treibt. Es wird bestimmt nicht die letzte Studie bleiben, denn gemäss ausländischen Quellen können häufigere Wassergaben oder spezielle Tröpfchenbewässerungen das Graswachstum noch einmal befördern, nämlich auf bis zu 80 bis 100 kg TS/ha/Tag. Vorausgesetzt, die anderen Wachstumsfaktoren können mit der Wasserversorgung mithalten.

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Die automatische Schwenkdüse schwenkt hin und her und verteilt das Wasser so in einem Halbkreis. Die «Niederschlagsintensität» ist enorm, werden 30mm doch in nur ca. 10 Minuten appliziert.

Autoren:
Martin Zbinden, INFORAMA